„Wir sind und bleiben in der Liebe Gottes“ - egal, was passiert. Diese Botschaft Jesu ist in Familien-bildungsstätten unmittelbar erfahrbar. Hier kommen ganz unterschiedliche Menschen zusammen, an den Standorten der Mitglieder der BAG jährlich insgesamt ca. 3 Millionen. Sie eint, dass sie Beziehung leben und Leben teilen wollen, ihre Freuden ebenso wie ihre Sorgen und Nöte.
Die Welt und damit auch das Zusammenleben in Familien wird immer komplexer. Dem stellen sich die Familienbildungsstätten mit einem bedeutsamen und breiten Angebot. Mit Blick auf den ganz normalen Alltag stärken sie Familien darin, sowohl ihre Leistungsfähigkeit als auch ihre Autonomie zu erhalten. Mit dem Austausch über die eigene Lebenssituation, mit konkreten praktischen Hilfen und den spirituellen Ressourcen, die unser Glaube im Umgang mit den Höhen und Tiefen des Lebens bietet, erhalten Menschen konkrete praktische Hilfen, wie sie ihr Zusammenleben gestalten und Herausforderungen bewältigen können.
Familienbildungsstätten: Zukunftsorte in Krisenzeiten
Familienbildungsstätten haben im Corona-Lockdown ihre Arbeit nicht ein-, sondern umgestellt. Wie erkläre ich meinem Kind Corona? Wie gelingt die Organisation des Unterrichts zu Hause? Ich fühle mich mit der Situation aktuell überfordert! - Das sind Beispiele für Fragen und Anliegen, mit denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konfrontiert wurden. Sie haben nicht nur darauf reagiert und Telefon-Sprechstunden zu Themenfeldern eingerichtet, sondern wurden pro-aktiv tätig. Beispielsweise wurden Mütter und Väter telefonisch kontaktiert, Stärke-Pakete an Eltern und Tüten gegen die Einsamkeit an Senioren ausgegeben, Hausaufgaben-Blätter für Kinder ausgedruckt, via Spenden wurden Laptops für Kinder zur Verfügung gestellt. Hygiene-Konzepte wurden erstellt und bei Gesundheitsämtern begründete Ausnahme-Regelungen erwirkt. So konnten in eigenen Räumen Präsenzveranstaltungen durchgeführt werden, während anderenorts Räume geschlossen waren und nach der schrittweisen Öffnung weiterhin geschlossen blieben.
Familienbildungsstätten: Lebens- und Zukunftsorte von Kirche
Evangelisierung ist zuallererst ein Leben bei den anderen und für die anderen, sie ist Fürsorge. In Familien geschieht das selbstverständlich, im Wartezimmer des Kinderarztes, beim Trösten nach dem Fahrradsturz. Ehepartner sorgen füreinander, Geschwister stehen füreinander ein, Eltern und Großeltern sorgen für die Kinder und Enkel, (Schwieger-)Töchter und Söhne sorgen für pflegebedürftige (Groß-)Eltern. Indem der eine für den anderen da ist, leben Familien das Evangelium in ihrer je eigenen Art und Weise. Das ist der Boden der Verkündigung.
Die Familienbildungsstätten eröffnen Räume, in denen in einem kontrastiven, kreativen und ergebnis-offenen Prozess die unterschiedlichen Sinnzuschreibungen und -deutungen abgeglichen werden. Indem die Botschaft Jesu Christi als stärkender und Zukunft eröffnender Deutungshintergrund als Angebot eingebracht wird, erfolgt eine kreative Konfrontation von Evangelium und heutiger Existenz. Als nieder-schwelliges Unterstützungssystem für Familien sind Familienbildungsstätten ein belebter und gelebter Ort von pastoraler Diakonie, an dem Familien Kirche ganz konkret als hilfreich, lebensbegleitend und sinnstiftend erfahren.
Familienbildungsstätten sind Lebensorte von Kirche, weil Menschen in ihren je spezifischen Lebens-situationen gestärkt, ihre Kompetenzen vergrößert werden (Diakonia), weil Menschen ihre individuellen und situativen Sinnzuschreibungen ausdrücken und sich weiterentwickeln können (Martyria), weil das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen auch feiernd vor Gott getragen wird (Liturgia). Und sie sind Zukunftsorte von Kirche, da sie (noch) Menschen erreichen, die der Kirche auch in Zukunft eine Perspektive geben können.
Familienbildungsstätten: Lernorte für Kirche
Familienbildungsstätten vertrauen den Familien und schätzen das hoch, was und wie sie leben. Sie lenken den Blick darauf, wie Familien versuchen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihren Alltag gut zu bewältigen und ihr Leben nach (christlichen) Werten zu gestalten. Damit stellen sich die Familien-bildungsstätten in den Dienst familialer Bewältigungsstrategien und sind als Dienstleisterinnen für Familien erreichbar, zugänglich und ansprechbar.
Familienbildungsstätten sind dabei „lernende Organisationen“. In einem steten Reflexionsprozess stellen sie sich sowohl der immer komplexer werdenden Realität von Ehen und Familien als auch ihrem eigenen Tun in der Begegnung mit den Menschen, die in die Einrichtung kommen. Ohne dies wären die Menschen den Familienbildungsstätten längst ferngeblieben. Genau das Gegenteil ist der Fall. Familienbildungsstätten sind deshalb Lernorte für Kirche.
Familienbildungsstätten: Zukunftsorte für Gemeinden - und die Gesellschaft
Familienbildungsstätten entfalten eine Wirksamkeit über Familien und Kirche hinaus. Sie sind verläss-liche Dienstleisterinnen und Kooperationspartnerinnen in diversen Projekten der unterschiedlichsten sozialen und caritativen Fachbereiche, insbesondere im Bereich der Jugend- und Sozialämter, für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege, im Bereich der Seniorenarbeit oder in der Qualifizierung von Ehrenamtlichen.
Als „Kirche in der Welt“ stoßen Familienbildungsstätten Netzwerke an, leisten Quartiersmanagement. Sie kennen die Strukturen und Partner im Sozialraum und sind „Knotenpunkte“ mit niedriger Eingangs-schwelle, an denen Menschen bei Bedarf dahin weitergeleitet werden, wo sie konkrete Hilfe erfahren.
Zukunftsorte von Kirche sichern
Wir wissen um die Situation in den Diözesen, die eine Neubewertung der Finanzaufwendungen erforderlich macht. Doch die Zukunft von Kirche sind Familien, nur mit ihnen hat Kirche Zukunft. Mit Familienbildungsstätten wird Kirche zu Verbündeten von Familien, mit ihnen geht Kirche in die Zukunft.
- Bistümer müssen die finanzielle Grundausstattung der Familienbildungsstätten so gestalten, dass genügend personelle und räumliche Ressourcen zur Verfügung stehen und sie dadurch ihrem Auftrag gerecht werden können. Das bedeutet auch, dass in den Einrichtungen Begegnungen stattfinden, kostengünstige niedrigschwellige Angebote gemacht und religiöse Kurse und Angebote auch kostenfrei durchgeführt werden können.
Familienbildungsstätten werben u.a. kommunale, Landes- und Bundesmittel sowie Projekt- und Stiftungsgelder ein. Die Drittmittel sind oft höher als der diözesane Zuschuss. Dieser ist jedoch die Basis für diese Arbeit und entfaltet so eine große Wirksamkeit.
- Investitionen in die Familienbildung bringen eine große Dividende. Die Bistümer müssen daher die im finanziellen Gesamtrahmen oft kleinen Etatposten erhöhen, statt sie zu streichen.
Familienbildungsstätten wirken in die größer werdenden Pfarrgemeinden und pastoralen Räumen hinein. Diese werden durch die vielfältigen sozialräumlich orientierten und dezentral durchgeführten Angebote der Familienbildungsstätten unterstützt und entlastet.
- Das Finanzkonzept des Bistums muss so gestaltet werden, dass verbleibende kirchliche Räumlichkeiten (Pfarrsäle) für Familienbildungsstätten kostenfrei nutzbar sind.
Familienbildungsstätten sind Multiplikatoren der Frohbotschaft Jesu und Multiplikatoren von Kirche in die Gesellschaft. In Familienbildungsstätten zu investieren heißt, in Zukunftsorte zu investieren.
Für das Leitungsteam:
Rüdiger Frings, Bildungsforum Wesel (Bistum Münster) | Ulrike Paege, Familienbildungsstätte Rheine (Bistum Münster) | Ruth Walter, Kath. Forum Krefeld-Viersen (Bistum Aachen) | Bernhard Witte, Kath. Familienbildungsstätte Lübeck (Erzbistum Hamburg)