DAMIT FAMILIE WIEDER MEHR-WERT BEKOMMT.
Politik
DAMIT FAMILIE WIEDER MEHR-WERT BEKOMMT.
ARMUT TRIFFT ...
… uns alle!
Rund 18,7% der Menschen in Deutschland waren im Jahr 2018 von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Tendenz steigend – auch aufgrund der jüngsten Krise und den damit verbundenen Einbrüchen
der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, Wegfall zusätzlicher Einkommensquellen, wie die sog. 450,- Euro-Jobs, werden kurz- und mittelfristig die ohnehin schon prekären Lebenswirklichkeiten vieler Menschen in Deutschland massiv verschärfen und damit Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt haben.
Die Politik verspricht in diesen Zeiten, den Wohlstand in Deutschland zu sichern. Wo aber bleiben die Menschen, die schon zuvor nicht von diesem Wohlstand profitiert haben? Wo bleiben die Familien, die sich mit den Gaben der „Tafeln“ ernähren müssen? Wo bleiben die Frauen, die trotz herausragender Lebensleistung Pfandflaschen aus dem Müll fischen müssen, weil sie von der geringen Rente nicht leben können? Wo bleiben die Kinder, die sich die teuren aber erforderlichen Endgeräte für die „Schule daheim“ nicht leisten können? Wo bleiben die Alleinerziehenden, die in ihrer Erziehungsarbeit nun (ohne Entlastung) ganz alleine da stehen? Wo bleiben die ArbeitnehmerInnen, die sich aufgrund von Kündigungen, Lohnverzicht und Kurzarbeit um ihre Existenz sorgen?
Die Kampagne „Armut trifft...“ des Familienbunds der Katholiken in der Diözese Würzburg wird in Kooperation mit katholischen Verbänden und Organisationen in den kommenden Jahren den Finger in die „Staatswunde Armut“ legen. Wir werden zuhören und Betroffene zu Wort kommen lassen. Wir werden wachrütteln und sensibilisieren, um Augen zu öffnen für das, was tagtäglich um uns herum geschieht.
Wir werden lautstark sein, um uns Gehör zu verschaffen für Forderungen, die wir aus unseren Erfahrungen entwickeln. Wir werden uns zum Sprachrohr machen, für alle, deren Nöte nicht gehört wahrgenommen werden, denn:
ARMUT TRIFFT … FAMILIE!
„Mit jedem zusätzlichen Kind wird die finanzielle Lage von Familien schwieriger. Kinder sind leider ein Armutsrisiko in Deutschland“. (Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung).
Armutsgefährdet sind 13 Prozent der Paare mit einem Kind, 16 Prozent der Familien mit zwei Kindern und 18 Prozent der Familien mit drei Kindern. Ein unsäglicher Negativtrend, da gerade in den vergangenen Monaten die Familien das Rückgrat in der Krise waren und sind. Einmal mehr zeigt sich Familie als unverzichtbare Lebensform in unserer Gesellschaft und ist darüber hinaus die Stütze unserer Sozialversicherungssysteme. Im Solidarsystem gilt: Ohne Kinder keine Rente! Wir müssen also Familien stärken und mit Mitteln ausstatten, die ihrer tragenden Rolle im Staat gerecht werden. Stellen wir uns nur mal vor: In Zukunft gibt es neben dem Auto- und Wirtschaftsgipfel vielleicht sogar einen Familiengipfel!
ARMUT TRIFFT … FRAUEN!
Frauen verdienen immer noch nur 79% des Lohnes, den ein Mann verdient. Daher setzt sich der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) für Lohngleichheit ein: Wir fordern gleiche Entlohnung für gleichwertige Arbeit von Frauen und Männern. Wir engagieren uns für eine partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit. Die Übernahme von Kindererziehung, Pflege oder gesellschaftlichem
Engagement muss möglich sein, ohne zu einem erhöhten Altersarmutsrisiko zu führen. Es geht letztlich um soziale Gerechtigkeit zwischen den Generationen. Die Lebensleistung von Frauen ist in der Alterssicherung besser zu berücksichtigen. Das Risiko der Altersarmut insbesondere von alleinstehenden Frauen muss deutlich reduziert werden. Wir setzen uns daher für den stärkeren Ausbau eigenständiger
Rentenansprüche von Frauen ein.
ARMUT TRIFFT … ARBEITNEHMERINNEN!
Von der eigenen Arbeit leben zu können, das heißt nicht nur das absolut Lebensnotwendige zahlen zu können wie etwa Miete und Nahrung. Auch soziale Teilhabe macht menschenwürdiges Leben aus.
Daher setzt sich die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) für eine deutliche Anhebung des Mindestlohns von derzeit 9,35 € auf 13,69 € ein. Nur so kann Altersarmut nachhaltig vorgebeugt werden. Eine Anhebung des Mindestlohns ist auch ein Schritt hin zu einem gerechten Lohn, wie ihn die Katholische Soziallehre fordert. Er muss hoch genug sein, um das eigene Leben und das der eigenen Familie zu finanzieren
ARMUT TRIFFT … LANDWIRTSFAMILIEN
Armut in der Landwirtschaft ist oft versteckt, liegt hinter den Fassaden. Nach außen sichtbar ist der Hof mit seinen Gebäuden, Tieren und Feldern. Doch dieses Eigentum kann nicht einfach verkauft werden, ist es doch einzige Grundlage des Familieneinkommens. Und das ist nicht selten extrem gering. Die Liberalisierung der Agrarmärkte und der dadurch forcierte Strukturwandel hat so manchen Betrieb ins Abseits gedrängt. Zukunftsunsicherheit, Hoffnungslosigkeit, unvorhersehbare Agrarpolitik und dadurch bedingte notwendige Investitionen, Überforderung durch pausenloses Arbeiten, all dies treibt so manche Landwirtsfamilie in stilles Leid und Verzweiflung. Das Höfesterben der letzten Jahrzehnte spricht Bände. Armut bedeutet Sparen am Nötigsten, an Gesundheit, Bildung, Wohnungseinrichtung. Armut
bedeutet mangelnde Wertschätzung und Anerkennung. Und Armut bedeutet oft auch Altersarmut, ist doch das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung in Deutschland immer noch stark an das erfolreiche Weiterbestehen des eigenen Hofes gebunden.
ARMUT TRIFFT … FLÜCHTLINGE!
Fast 80 Millionen Menschen, rund ein Prozent der Weltbevölkerung, befanden sich 2019 auf der Flucht bzw. wurden vertrieben. Das teilte das UNHCR mit. Es gibt viele Gründe aus der Heimat zu flüchten, wobei die wachsende Armut zu noch mehr Bevölkerungsbewegungen führen wird. Eine Verbesserung der weltweiten Lage ist nicht absehbar. Konnten in den 1990er Jahren jährlich noch rund 1,5 Millionen Flüchtlinge wieder nach Hause zurückkehren, so sei diese Zahl in den vergangenen zehn Jahren auf etwa 390.000 gesunken. „Vertreibung betrifft aktuell nicht nur viel mehr Menschen, sondern sie
ist auch kein kurzfristiges und vorübergehendes Phänomen mehr“, so UN-Flüchtlingskommissar F. Grandi. Mit dem Flüchtlingsstrom steigt damit auch in Deutschland die Zahl der Hilfsbedürftigen.
„Der Großteil der Flüchtlinge wird voraussichtlich noch jahrelang ein niedriges Einkommen haben“, sagt der Politologe K. Schroeder von der FU Berlin voraus. „Die Armutsgefährdungsquote wird deshalb in den kommenden Jahren zwangsläufig spürbar ansteigen.“
ARMUT TRIFFT … JUGENDLICHE UND JUNGE ERWACHSENE
Das Armutsrisiko junger Menschen steigt und steigt. Das zeigt der Monitor Jugendarmut 2018 der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit sowie der Datenreport 2018 des Statistischen Bundesamtes. Die Armutsgefährdungsquote ist mit 25,5 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen so hoch wie in keiner anderen Altersgruppe. Auf Platz zwei stehen mit 20,2 Prozent die unter 18-Jährigen. Gerade Jugendliche und junge Erwachsenen sind in einer besonders tiefgreifenden Umbruchphase ihres Lebens: Sie sollen oder müssen den Start in ein selbstständiges Leben bewältigen. Das unterscheidet
sie von anderen Altersgruppen. In diesem Zusammenhang stellt der Monitor fest: Gerade junge Menschen sind immer stärker von prekärer und befristeter Beschäftigung betroffen. Eine Erkenntnis: Die steigende Armut erschwert kulturelle, soziale und politische Teilhabe. Und: Die derzeitige und zukünftige Lebenssituation von Jugendlichen wird immer noch entscheidend durch ihre soziale Herkunft geprägt.
ARMUT TRIFFT … MENSCHEN AM RAND DER GESELLSCHAFT
Ausgrenzung und Armut gehen häufig gemeinsam einher. Kein Geld, keine Teilhabe: So tickt das gesellschaftliche Leben in Deutschland. Um die Vision von einer solidarischen und gerechten Gesellschaft zu verwirklichen, in der alle Menschen einen Platz mit Lebensperspektive finden können, müssen wir aktiv werden und bewusst dorthin gehen, wo wir Ausgrenzung und mangelnde Teilhabe feststellen: Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen, Überschuldete, Arbeitslose, Geflüchtete und Migranten, Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen u.v.m.
Caritatives Handeln meint Partei ergreifen, für Menschen, die am Rande stehen und Menschen befähigen, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Die Caritas geht dabei weit über die unmittelbare Nothilfe hinaus und erhebt auch ihre Stimme, um sozialpolitische Entwicklungen voranzubringen.
Save the Date! Eröffnungsveranstaltung „Armut trifft ...“ am 8.10.2021!
Verbände
Lasst die Kinder an die Urnen
Familienbund fordert ein Wahlrecht ab Geburt
Im Jahr 2019 wurde ein altes Thema des Familienbundes wiederentdeckt: Unter dem Stichwort „Wahlrecht für alle“ dürfen seit der Europawahl auch Menschen in „Vollbetreuung“ wählen, das heißt, Menschen mit einer geistigen Behinderung oder mit einer Demenz. Aber Kinder und Jugendliche sind weiterhin ausgeschlossen! Das entsprechende Urteil des Verfassungsgerichtes zählt nur für erwachsene Menschen mit einer Behinderung.
Nun hat z. B. der Jurist H. Heußner deswegen ein Gutachten erarbeitet und Verfassungsbeschwerde eingelegt. Er kämpft dafür, dass 16- und 17-jährige wählen gehen dürfen.
Der Familienbund fragt nach: Warum eine neue Altersgrenze? Wie kann man ein Wahlalter ab 16 rechtfertigen, wenn man die 18 nicht mehr verteidigen kann?
Der Familienbund fordert seit langem: Gebt unseren Kindern das Wahlrecht, lasst die Kinder an die Urnen!
Alle Kinder, die Engagement und Willen aufbringen, höchstpersönlich einen Antrag auf Aufnahme in das Wählerverzeichnis zu stellen, haben mehr Beweis ihres politischen Interesses erbracht als alle heutigen WählerInnen. Natürlich kann es dann passieren, dass auch ein paar 9-jährige schon zur Wahl gehen! Wäre das ein Schaden?
Und alle (Klein-)Kinder die wirklich noch zu jung sind, die diesen Antrag noch nicht gestellt haben? Die sollten in ihrer Stimmabgabe durch ihre Erziehungsberechtigten vertreten werden. Diese werden verpflichtet, im Interesse ihrer Kinder zu stimmen … und das werden die allermeisten sicher auch machen.
Zur Zeit demonstrieren jeden Freitag Kinder und Jugendliche unter dem Motto „Fridays For Future“. Und sie engagieren sich auch darüber hinaus politisch. Kann man wirklich begründen, diesen Menschen das Wahlrecht vorzuenthalten? Auch im SPIEGEL führte dieses Engagement zu einem Kommentar „Lasst die Kinder an die Urnen!“. Darauf ein gutes christliches „Amen!“ – „So ist es!“
Eltern verdienen Geld
Gerechtigkeit für Familien in den Sozialversicherungssystemen
Eltern bekommen vom Staat zwar etliches an Leistungen – aber sie bekommen nichts geschenkt. Unter dem Strich zahlen sie immer noch „drauf“. Auch nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes kostet sie jedes Kind mindestens 120.000 Euro bis zum 25. Lebensjahr. Und die Gesellschaft verdient unter dem Strich (alle Familienleistungen schon gegengerechnet) ca. 70.000 Euro an jedem Kind.
Aber halt: Als Familienbund wollen wir ja Kinder nicht in schnöden Zahlen und Kosten bemessen – für uns sind und bleiben Kinder wunderbar und ein Geschenk.
Aber wehren wollen wir uns schon – wo der Streit nötig ist. Und die vom Verfassungsgericht 2001 für die Pflegeversicherung festgestellte Ungerechtigkeit gegenüber Eltern ist bisher kaum gemindert, erst recht nicht behoben. Und deswegen jammern wir nicht, wir klagen: Inzwischen mit dem Mittel der
Verfasssungsbeschwerde – für Gerechtigkeit in den Sozialversicherungen, insbesondere in der Rentenversicherung.
Denn Eltern zahlen zweimal ein: Beiträge wie alle, wie auch alle Kinderlosen – und zusätzlich Kinderkosten und Einkommensausfälle dafür, dass auch künftig BeitragszahlerInnen das System der Rente aufrecht erhalten können. Eine verfassungswidrige Doppelbelastung und Ungleichbehandlung!
Cappuccino ... statt Kaffee schwarz!
Das Rentenmodell der katholischen Verbände
Wie können auch in Zukunft die Renten so gestaltet werden, dass alte Menschen ein auskömmliches Leben haben können – und dennoch die jungen Menschen nicht überfordert werden durch zu hohe Rentenbeiträge? Eine der drängensten Fragen der aktuellen Politik!
Der Familienbund setzt sich seit Jahren mit anderen Verbänden für ein verändertes Rentensystem ein: Kein „schwarzer Kaffee“ – sinnbildlich für (nur) die Rentenleistungen aus den Beiträgen der aktiven Erwerbstätigen, sondern ein „Cappuccino“ mit
... einem „Espresso“ – der Sockelrente, einer solidarischen Bürgerversicherung für alle in Deutschland Steuerpflichtigen, die eine Mindestsicherung garantiert (ohne Bedarfsprüfung), finanziert aus Beiträgen auf die Summe aller positiven Einkünfte und Steuermittel;
... dem „Milchkaffee“ – entspricht im Wesentlichen der heutigen gesetzlichen Rentenversicherung, ergänzt um ein generelles Ehegatten-Rentensplitting und 6 Jahre Anrechnungszeiten für die Kindererziehung sowie einer besseren Bewertung der Pflegezeiten;
... dem „Milchschaum“ – der betrieblichen und privaten Altersvorsorge, die die beiden anderen Stufen ergänzt: Eine betriebliche Altersvorsorge als Regelfall für alle Erwerbstätigen sowie eine private, kapitalgedeckte Altersvorsorge als freiwillige Zusatzvorsorge, vollständig in Eigenverantwortung. Aufgabe des Staates wäre hier nur, dass entsprechende Produkte transparent und sicher sind.
Das Modell ist breit diskutiert, hat Vorbilder in Europa, ist wirtschaftlich durchgerechnet, … es wäre familienorientiert und gerecht: Warum nur bleiben wir in Deutschland stur bei einem Modell, das uns schon aktuell zeigt, dass es nicht zukunftsfähig ist?
Ihr Interesse ist geweckt?
Annika Walser
Bildungsreferentin
Familienbund der Katholiken
in der Diözese Würzburg
Kilianeum - Begegnung. Seelsorge. Jugend.
Ottostraße 1
97070 Würzburg
Telefon: 0931 - 386 65 221
Fax: 0931 - 386 65 229
E-Mail: fdk@bistum-wuerzburg.de