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Coronazeit: 8 Fragen ... Familien antworten
Das Familienbund-Interview
Die Corona-Krise stellt gerade Familien mit Kindern vor besondere Heraus- und Anforderungen, bisher unbekannte Probleme und Unwägbarkeiten. Wir haben nachgefragt . . .
Die Mutter arbeitet Teilzeit als Psychologin, ihre vier Kinder (9–15) gehen zur Schule
1 Seit März hat das Coronavirus Deutschland in seinem Bann. Wie ist es Ihrer Familie in Zeiten von Homeoffice, Homeschooling und Kontaktbeschränkung ergangen?
Wir haben die allgemeine Entschleunigung des Lebens als positiv erlebt. So wurde es möglich, sich auch einmal auf sich selbst zu konzentrieren und zurückzuziehen. Mein Exmann hat uns durch das Homeoffice zuhause unterstützen können.
2 Was waren und sind die größten Herausforderungen? Aus Sicht der Erwachsenen einerseits, aus Sicht der Kinder und Jugendlichen andererseits?
Für die Kinder war es nicht leicht, einander zuhause auszuhalten und auch einmal mit der Schwester das Zimmer zu teilen. Es fehlte ihnen der Sport in den Vereinen genauso wie das Treffen mit Freunden. Wenn man sich den Tag selbst einteilen muss, kommt mitunter Langeweile auf. Mir als Mutter fehlte der persönliche Freiraum, das Homeschooling ist teilweise sehr fordernd.
3 Welche positiven Anregungen nehmen Sie für die Zukunft aus der Coronazeit mit?
Es hat Spaß gemacht, sich selbst ein Workout zu erstellen und durchzuführen, in der Familie Fahrrad zu fahren oder zusammen joggen zu gehen. Positiv ist es auch, mehr Zeit mit der Familie zu haben, als Kind mitkochen zu können oder sich insgesamt weniger Zeitdruck zu machen.
4 Wo sind Sie definitiv an die Belastungsgrenze oder auch darüber hinaus gekommen?
Es war nicht immer leicht, einander auszuhalten, wenn alle daheim sind. Belastend war auch, kein Fußballtraining zu haben und überhaupt die Langeweile.
5 Wer in Ihrer Familie hat in Ihren Augen die größte Last zu tragen und warum?
Die Mutter, weil sie die Hauptverantwortung hat.
6 Welche Tipps können Sie aus der Erfahrung der vergangenen Wochen anderen Familien mitgeben?
Mehr Sport zu machen, mehr nach den Wünschen der einzelnen Familienmitglieder zu fragen bzw. diese auch zu äußern, sich mehr bei Freunden oder auch allein wohnenden Personen (z. B. Oma) telefonisch oder über Videoanruf zu melden. Und grundsätzlich: dass „weniger mehr ist“.
7 Wie hilft der Glaube Ihnen in der gegenwärtigen Situation?
Glaube hilft, wenn wir in Eigeninitiative in der Natur unterwegs sind oder durch spirituelle Texte/Meditationen. Im Gottesdienst derzeit nur mit Maske sein zu dürfen, frustriert; deswegen habe ich im Moment keinen Bezug zur Kirche.
8 Wenn Sie aktuell einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?
Wieder Fußballtraining zu haben beziehungsweise Sport im Verein machen zu dürfen, normal in die Schule gehen zu können, keine Noten mehr in der Schule zu bekommen, weil der eigene Antrieb ausreicht. Weniger Termine und dadurch weniger Zeitdruck zu haben. Und vor allem: keine zweite „Coronawelle“. Der große Wunsch: Normalität in allen Bereichen des Lebens zu haben durch einen Impfstoff.
Henriette und Holger arbeiten 35 bzw. 30 Stunden. Sohn Oskar (5) ist in der Kita, Sohn Anton hat im Coronajahr 2020 mit der Schule begonnen.
1 Seit März hat das Coronavirus Deutschland in seinem Bann. Wie ist es Ihrer Familie in Zeiten von Homeoffice, Homeschooling und Kontaktbeschränkung ergangen?
Uns ging es als Familie manchmal so gut, dass wir bei Berichten in den Medien über die Situation vieler Familien fast ein schlechtes Gewissen hatten. Uns ging es die ersten Wochen wirklich sehr gut ohne den ganzen Termin- und Alltagsstress. Das lag natürlich hauptsächlich an den Rahmenbedingungen, die wir genossen. Wir haben ein Haus mit einem Garten inklusive eigenem Spielplatz, durften dank unseres sehr sozialen Arbeitgebers beide im Homeoffice arbeiten, mein Mann zum Teil sogar in Kurzarbeit. Unser Wohngebiet liegt am Feldrand, mit vielen Möglichkeiten zu spazieren und Rad zu fahren, ohne dabei auf Menschenmengen zu treffen. Das Wetter war oft sehr gut. Außerdem haben wir Kinder, die beide noch den Kindergarten besuchen, meist gut zusammen spielen konnten. Bis auf kleinere freiwillige Vorschulaufgaben vom Kindergarten war keinerlei Homeschooling notwendig. Unser Tagesablauf spielte sich gut ein und lief nahezu täglich ähnlich ab. Ich stand morgens unter der Woche schon vor 5 Uhr auf, mein Mann gegen 6 Uhr, damit wir in der Zeit, in der die Kinder schliefen, schon arbeiten konnten. Wir wechselten uns tagsüber ab und hatten trotzdem viele feste Zeiten, um als Familie gemeinsam Zeit zu verbringen: Täglich gemeinsames Frühstück, am späten Vormittag ein ausgiebiger Spaziergang, die Kinder mit ihren Rollern, am Nachmittag eine gemeinsame Radtour. Trotz alledem, gab es im Laufe der Wochen natürlich auch schwierige Tage, wenn das Wetter schlecht war oder die Kinder sich nach anderen gleichaltrigen sozialen Kontakten sehnten. Wir machten uns auch Gedanken, welche Auswirkungen die Beschränkungen auf die Entwicklung unserer Kinder haben werden und sorgten uns, um den diesjährigen Übergang von Anton vom Kindergarten in die Schule. Wird die Schule überhaupt regulär starten?
2 Was waren und sind die größten Herausforderungen? Aus Sicht der Erwachsenen einerseits, aus Sicht der Kinder und Jugendlichen andererseits?
Für uns als Erwachsene waren die größte Herausforderung, die Kinder unsere Sorgen und die Ungewissheit nicht spüren zu lassen, wie lange diese Situation noch andauert, wie schlimm es vielleicht noch kommen könnte. Außerdem ist es natürlich kräftezehrend, täglich so früh aufzustehen, um der Arbeit und auch der Kinderbetreuung und -beschäftigung gerecht zu werden. Außerdem fehlten mir die persönlichen Kontakte zu Kollegen und Schülern in der Firma und an der Schule. Für die Kinder waren die fehlenden sozialen Kontakte zu ihren Freunden im Privaten, beim Sport sowie den erwachsenen Bezugspersonen aus dem Kindergarten die größte Herausforderung. Zu verstehen, warum man diese nicht treffen darf, nicht zum Sport darf und auch nicht zu wissen, wann es wieder möglich ist, war nicht leicht. Auch nicht, es ihnen alles zu erklären, ohne ihnen Angst zu machen. Außerdem fehlten natürlich die Lernerfahrungen, die sie tagtäglich im Kindergarten, beim Sport, bei der Ergotherapie machen würden. Als Familie waren wir traurig über den Wegfall unseres geplanten Flugurlaubs in die Karibik. Dieser wird, aufgrund von Ferienbindung, so in den kommenden Jahren leider finanziell nicht mehr möglich sein.
3 Welche positiven Anregungen nehmen Sie für die Zukunft aus der Coronazeit mit?
Dass es bei der Beschäftigung der Kinder nicht unbedingt nur auf den außergewöhnlichen Programminhalt, wie zum Beispiel einen Indoorspielplatz oder ein Erlebnisschwimmbad ankommt, sondern auf die gemeinsame Zeit, die man als Eltern in entspannter Haltung/Stimmung mit seinen Kindern verbringt. Man muss nicht unbedingt immer das Tollste bieten, um angenehme Zeit als Familie zu verbringen. Mein Mann fühlt sich bestätigt, dass vermehrte mobile Arbeit sehr gut funktionieren kann und ihm besser tut, was die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie angeht. Wir gehen auch jetzt weiterhin vermehrt regelmäßig spazieren und genießen die Bewegung und Zeit für Gespräche als Eltern.
4 Wo sind Sie definitiv an die Belastungsgrenze oder auch darüber hinaus gekommen?
Eigentlich nur was den fehlenden Schlaf aufgrund des frühen Arbeitsbeginns angeht. Da die Kinder morgens sehr lange geschlafen haben, was uns wegen der Arbeit sehr gelegen kam, waren sie natürlich abends auch länger wach. Gemeinsame Zeit für uns Eltern blieb abends wenig.
5 Wer in Ihrer Familie hat in Ihren Augen die größte Last zu tragen und warum?
In unserer Familie ist die „Last“ relativ gleichmäßig auf mich und meinen Mann verteilt. Es ist einfach nur oft etwas schwierig, da wir keinerlei Familie haben, die uns unterstützt oder entlastet. Ich empfinde es auch als wichtig, sie gleichmäßig zu verteilen. Denn wir brauchen einander und sollten gegenseitig aufeinander achten.
6 Welche Tipps können Sie aus der Erfahrung der vergangenen Wochen anderen Familien mitgeben?
Nicht so viel planen und vornehmen. Manchmal einfach entspannt und ohne große Pläne in den Tag starten und die Gelassenheit und Entspannung überträgt sich dann auf die Kinder.
7 Wie hilft der Glaube Ihnen in der gegenwärtigen Situation?
Er hilft mir auch bei Sorgen darauf zu vertrauen, dass sich alles irgendwie findet und gut wird.
8 Wenn Sie aktuell einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?
Dass die Schule im Herbst regulär startet und unserem Anton der Übergang vom Kindergarten in die Schule gut gelingt.
Mutter Traute ist mit der Familie vollzeitbeschäftigt und wegen einer Erkrankung verrentet, Vater H.-C. arbeitet ebenfalls Vollzeit. Die beiden Mädchen (18 und 16) und die beiden Jungen (12 und 10) gehen zur Schule.
1 Seit März hat das Coronavirus Deutschland in seinem Bann. Wie ist es Ihrer Familie in Zeiten von Homeoffice, Homeschooling und Kontaktbeschränkung ergangen?
Uns ging es v. a. in der 2. und 3. Woche nicht gut – H.-C. war noch voll arbeiten, der Rest „saß“ permanent aufeinander und musste sich ohne große Fluchtmöglichkeit mit sich und der Familie auseinandersetzen. Das hieß: Für die Kinder außer dem eigenen Zimmer kaum Ruhemöglichkeit und körperliches Auspowern wieder nur „mit denselben Gesichtern“. Für Traute zusätzlich noch Diskussionen mit 3 Pubertieren in Dauerschleife, Unterforderung des Jüngsten versuchen auszugleichen und die nötige Tagesstruktur für alle zu erhalten bzw. durchzusetzen. Dazu schulisch von 15 auf 100% und krankheitsbedingt von 100 auf 0% Therapien fremdgesteuert zu sein und die Situation nicht einfach, d. h. selbständig verlassen zu können, war extremer Streß und Druck. Abends verzog sich jeder in irgendeine Ecke. Traute fehlte Bewegung, H.-C. war als Begleitung nicht greifbar, abends war die Luft raus. Schön waren gemeinsame Aktionen, z. B. das „Mauerkonzert“ für die Großeltern nebenan (an dem scheinbar auch andere Nachbarn Freude hatten), Kuchen (gemeinsam gebacken) und Blumen vor die Tür von lieben Menschen stellen, nach der Radtour spontan leckeres Essen mit nach Hause nehmen und genießen … Die Kids haben neue Betätigungsfelder gefunden – Matratzen auf dem eilig aufgestellten Trampolin waren ein großer Spaßfaktor und boten Auslauf, es wurden Haarfarben ausprobiert und sämtliche verfügbaren Stoffe in Kleider umfunktioniert, unterm Dach wurde mit lautstarker Unterstützung des Radios und der eigenen Stimme beim Türenlackieren gegrölt – und viele aufgeschobene Projekte endlich verwirklicht.
2 Was waren und sind die größten Herausforderungen? Aus Sicht der Erwachsenen einerseits, aus Sicht der Kinder und Jugendlichen andererseits?
Für die Erwachsenen war das Fehlen einer wirklichen Auszeit verbunden mit Geduld aufbringen und Aushalten der Stimmung nicht leicht – und irgendwann wurde das Ausdenken von Freizeitaktivitäten außer Radtouren leicht anstrengend. Mittlerweile finden wir es entspannt. Nach einem furchtbaren Tag mit Kampf um Schularbeiten weinte Justus:“ Mir fehlen halt meine Freunde!“ – aus Sicht der Kinder war ganz klar der fehlende persönliche Kontakt zu den Freunden, Kumpels und Spielgefährten mehr als herausfordernd. Dagegen ist die Heimbeschulung mittlerweile entspannt, es streiten vormittags nur noch zwei;). Auch fehlende Hobbyausübung ist nicht mehr so gravierend.
3 Welche positiven Anregungen nehmen Sie für die Zukunft aus der Coronazeit mit?
Dass wir noch bewusster schöne Dinge planen, egal ob für unsere Familie oder Außenstehende. Um uns und anderen (Vor)Freude und Überraschungen zu gönnen. Und öfter Experimente wagen und uns von der Reaktion der Kids überraschen lassen bzw. feststellen, wie gut wir sie einschätzen können. („Ist Dir Geld fürs Streichen lieber oder eine Spende für den Reitunterricht?“ – „Bevor ich nach Corona nicht mehr reiten darf, lieber für’s Reiten!!“).
4 Wo sind Sie definitiv an die Belastungsgrenze oder auch darüber hinaus gekommen?
Als Familie durch die Konflikte (vor allem der Kinder) untereinander, die viel Zeit, Nerven und Energie kosteten – und noch mehr, um sie zu schlichten. Und das (fast) ohne eigene Kraftreserven aufbauen zu können.
5 Wer in Ihrer Familie hat in Ihren Augen die größte Last zu tragen und warum?
Traute, da sie noch mehr machen musste und keinerlei Pausen oder Ruhe für sich hatte. Sie hatte Stress, weil durch die Fremdbestimmung kaum Selbstfürsorge möglich war. Ein ausgleichender
Spaziergang allein „um den Block“ hätte sicherlich geholfen, selbst das ist wegen der Gehbehinderung nicht möglich…
6 Welche Tipps können Sie aus der Erfahrung der vergangenen Wochen anderen Familien mitgeben?
Sich die eigenen Bedürfnisse klarmachen und kommunizieren – „die anderen sind keine Gedankenleser.“ Das war eines unserer „Mantras“ und hilfreich. Und Auszeiten gestalten, manchmal
sogar als Pflichtveranstaltung…
7 Wie hilft der Glaube Ihnen in der gegenwärtigen Situation?
Wir hatten zumindest keine Angst vor dem Virus und denken, dass das Ganze irgendeinen Sinn hat. Vor allem H.-C. schöpft viel Kraft aus seinem Gottvertrauen.
8 Wenn Sie aktuell einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?
Keinen zweiten Lockdown! Und dass das Bewusstsein, dass nicht alles selbstverständlich ist, nicht sofort wieder verpufft.
(Interviewfragen: Markus Hauck)
Familienbund der Katholiken
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